Rundu – Servicewüste Afrika und eine Uhr, die ihrer Zeit voraus ist
Nach zwei Tagen in Roy’s Rest Camp und einem Besuch bei den „Wild Bushmen" im San Village brechen wir am Mittwoch, 7.10.2015 gegen 8 Uhr ins Caprivi auf, das mittlerweile offiziell „Sambesi Region" heißt. Vor uns liegen 420 km Fahrt und ein Einkaufs-Stopp in Rundu.
Nach dem Veterinärs-Zaun beginnt das „echte Afrika": Kraals, Rinder und Ziegen auf der Straße. Menschen auf der Straße, die Wasser oder Holz auf dem Kopf transportieren. Einige winkende Kinder. Fast keine Autos. Vereinzelt kommen uns Radfahrer entgegen, einige tragen einen Helm.
Einkaufsstress und Probleme mit dem Navi in Rundu
Wir sind deutlich entspannter als bei unserer ersten Fahrt „into Africa" im Oktober 2013. Bis wir gegen 10:15 Uhr in Rundu ankommen. Die Mall ist im Umbau und wir finden erst einmal gar nichts. Das liegt vielleicht auch daran, dass es nicht die Mall ist, in der wir 2013 waren. Die ist auf der anderen Straßenseite. Also stürzen wir uns wieder kurz ins Verkehrschaos und fahren zurück.In der anderen Mall kommt uns einiges bekannt vor: Der gut besuchte Damenfriseur-Salon, das Geschäft, in dem Manfred ein Levis-T-Shirt gekauft hat, der Hungry Lion (afrikanische Fastfood-Kette) und die Toilette, die einen wieder ganz schnell nach Afrika zurückholt.
Bei Shoprite gibt es alles, was das Herz begehrt. Fast alles. Die Bananen sind aus. Die bräuchten wir aber. Kein Problem: Es gibt noch mehr Lebensmittelmärkte in Rundu. Schon ein Problem: Die sind alle in einer anderen Straße. Und unser Navi lotst und kreuz und quer durch den Großstadt-Dschungel.
Den Gedanken, in Rundu unsere Hupe reparieren zu lassen, die keinen Ton von sich gibt, geben wir ganz schnell auf, als wir die Schlange an der Werkstatt neben der Tankstelle sehen, zu der unser Navi uns schnell und zuverlässig lotst. Schnell ginge hier gar nichts, nicht einmal Tanken. Also fahren wir zu einer anderen Tankstelle und anschließend zu Pic‘ n Save, wo wir keinen Parkplatz finden. Also fahren wir mehrmals im Kreis, teilweise durch abenteuerliche Nebenstraßen und immer dichteren Verkehr. Langsam liegen die Nerven wieder blank.
Servicewüste Afrika
Irgendwann entdecken wir eine Parklücke vor einer kleinen Mall und können endlich einkaufen. Es gibt Bananen und auch eine Bäckerei mit frischem Brot. Was will man mehr? Vielleicht, dass man beim Bäcker bedient wird. Wer sich über die „Servicewüste Deutschland" beklagt, sollte mal nach Afrika fahren. Dagegen sind die Bäckereifachverkäuferinnen, die regelmäßig erst Brötchen, Brezen und Gebäckstücke einräumen anstatt ihre Kunden zu bedienen oder sich im Hintergrund mit Kolleginnen unterhalten, wahre Weltmeisterinnen im Kundenservice.
Wir stehen bereits einige Minuten rum, ohne die Aufmerksamkeit des reichlich anwesenden Verkaufspersonals auf uns zu ziehen. Schließlich spricht Manfred einen jungen Mann an, der hinter dem Tresen eifrig etwas in ein elektronisches Gerät eintippt. Der ist nicht zuständig und verweist auf die Kolleginnen im Hintergrund. Die beiden jungen einheimischen Frauen vor uns nehmen das Warten deutlich gelassener. Sie unterhalten sich genauso angeregt wie die Bäckerei-Verkäuferinnen.
Irgendwann kommt dann doch eine Verkäuferin nach vorne und bedient die beiden Frauen vor uns. Eine Kollegin gesellt sich dazu und nimmt unsere Bestellung auf. Dann verschwindet sie mit unseren Brötchen wieder im Hintergrund und taucht nicht mehr auf. Nach gefühlten drei Minuten fragt eine andere Verkäuferin nach unseren Wünschen. Nachdem ihre Kollegin immer noch nicht in Sicht ist, kaufen wir eben bei ihr ein. Als wir endlich mit unserem Brot abziehen können, taucht die erste Verkäuferin wieder auf, mit einer Tüte mit fünf Brötchen. Die kann sicher auch ein anderer Kunde brauchen...
Die neue Casio ist ihrer Zeit um drei Tage voraus
Wir wollen langsam nur noch weg aus Rundu und in die Mahangu Lodge, die noch 220 km entfernt ist. Und zwar so schnell wie möglich. Auf dem Weg zum Auto laufen wir direkt an einem Uhrengeschäft vorbei. Das ist uns vorher gar nicht aufgefallen. Wir haben beide keine Lust, erst unsere Einkäufe ins Auto zu bringen. Ich habe eigentlich auch gar keine Lust mehr, mir eine neue Uhr zu kaufen, obwohl meine analoge Armbanduhr mittlerweile ca. 5:40 Stunden nachgeht und ich sie nicht mehr aufziehen kann.
Eine Tüte haben wir beim Einkaufen dankend abgelehnt. Also gehen wir eben mit Bananen und Brot in der Hand das Uhrengeschäft, das auch sehr edle Fabrikate im Angebot hat. Passend zu unserem etwas unkonventionellen Erscheinungsbild kaufe ich eine unauffällige Casio mit schwarzem Armband für 399 $ (ca. 26 €), die ich auch daheim tragen kann, solange meine analoge Armbanduhr beim Reparieren ist. Die Verkäuferin stimmt zu, dass sich bei diesem Modell eine Reparatur auf jeden Fall lohnt. Später stelle ich fest, dass meine neue Uhr ihrer Zeit etwas voraus ist, genau gesagt drei Tage. Wir kriegen auf die Schnelle nicht raus, wie man das Datum korrekt einstellt. Aber das ist mir momentan auch egal. Hauptsache, die Uhrzeit stimmt wieder.
Mittlerweile ist es Mittag und wir haben Hunger. Wir essen beide wir kein Fleisch mehr. Aber wir haben beide keine Lust, nach einem Lokal zu suchen. Also gehen wir zu KFC neben der Mall. Wir erreichen den Parkplatz, bevor die Polizei den Verkehr für eine kleine Demonstration endgültig zum Erliegen bringt. „Good Wages for good Skills" lese ich auf einem Schild. Also demonstrieren Arbeitnehmer für gerechte Löhne. Und wir fühlen uns gestresst, weil nicht gleich ein Geschäft gefunden haben, in dem wir Bananen kaufen können und der Service beim Bäcker so schlecht war. Luxus-Probleme!