Manchmal kennen auch Elefanten keine Verwandten mehr
Am dritten und letzten Tag im Senyati Camp sind wir schon um 18 Uhr am Wasserloch. Der Wasserstand ist noch niedriger und es ist kein einziger Elefant zu sehen. Die Tiere kommen heute erst nach Sonnenuntergang. Aber wenigstens bläst der Wind heute in die andere Richtung und es riecht nicht mehr wie nach einem Abwasserkanal.
Wenn das Wasser knapp wird, kennen scheinbar auch Elefanten keine Verwandten mehr. Heute sind nur die Mitglieder einer einzigen Familie am Wasserloch. Aber die schubsen sich gegenseitig von der Frischwasserzufuhr weg. Zwei Halbwüchsige stoßen mehrfach mit den Köpfen zusammen, so wie man das von Steinböcken kennt, die um ein Weibchen oder ein Revier kämpfen. Auch das sehen wir heute zum ersten Mal.
Wen interessieren ein paar Elefanten?
Wir sind die einzigen, die das Drama am Wasserloch live miterleben. Die einzigen weiteren Gäste, eine deutsche Familie an der Bar, zieht angeregten Smalltalk mit den Besitzern vor. Die Ursache der Farbe von Gummibärchen ist einfach interessanter als eine Herde Elefanten, die ein paar Meter weiter um frisches Wasser kämpfen. So bringen unsere Landsleute etwas „German Culture nach Africa" (O-Ton Lulu).
Zu allem Überfluss kommt das Familienoberhaupt auch noch aus der IT-Branche, genau wie ich. Scheinbar findet mein Fachkollege auch 12.000 km von zu Hause keinen Abstand zum Job. Mir fällt das daheim auch oft nicht leicht und häufig gelingt es mir gar nicht. Die letzten drei Wochen konnte ich den Alltag in Deutschland sehr weit hinter mir lassen und würde das auch in der letzten Urlaubswoche noch gerne. Am liebsten würde ich rüber rufen: „Hey guys! You’re on vacation! Stop talking about work and enjoy your holidays!" Natürlich mache ich das nicht. Ich will nicht unhöflich sein und mich in fremde Unterhaltungen einmischen.
Irgendwann mischt sich das Geräusch eines gestarteten Laptops unter die Geräusche im Wasserloch und Lulu kriegt Nachhilfe in Sachen moderne Speichersysteme. Ich habe auch meinen Laptop dabei, zum Überspielen der Fotos und fürs Reisetagebuch, aber natürlich nicht am Abend in der Bar. Da möchte ich einfach ein wenig relaxen nach dem anstrengenden Tag und Elefanten beobachten. nd natürlich möchte ich noch meine Auszeit von meinem IT-Beruf genießen, solange ich noch im Urlaub bin. Also gehen wir zurück zum Campingplatz und beobachten an unserem letzten Abend statt Elefanten am Wasserloch den faszinierenden Sternenhimmel über uns, ganz ungestört und in aller Ruhe.